Die Fleischkammer

Nachdem wir nun Power-Sight-Seeing in Ankara gemacht haben und für Touristen die wichtigsten Stationen angefahren haben, sind wir in ein Restaurant gegangen, in das mein Cousin uns eingeladen hat. Es ist ein Fleischhaus. Es bietet Platz für hunderte Leute und wir waren von der Karte begeistert. Viele türkische Fleischgerichte vom Grill sind dort zu finden. Der Eigentümer Recep Usta, der auch selbst Küchenchef ist, kommt aus der Region Diyarbakir. Diyarbakir ist berühmt für seine würzige Küche und bietet viele Gaumenfreunden aus Fleisch.

Das Restaurant liegt in einem Tal, das „Park Vadi“ heißt. „Park im Tal“ könnte man es sinngemäß übersetzen. Das Tal hat eine sehr wechselhafte Geschichte, die ich kurz erwähnen möchte:

Es war ein Elendsviertel mitten in der Stadt. Schließlich wuchs die Stadt immer mehr und dieses Elendsviertel kam ins Visier von Immobilienhaien. Schließlich kam es so, dass das Tal zu einer Parklandschaft umgebaut werden sollte und drumherum sollten Luxus Hochhäuser entstehen, in denen die neu-reichen Türken für mehrere hunderttausend Euros Wohnungen kaufen und sich Flachbildschirme und Uni-Diplome an die Wand nageln können. Was aber mit den armen Menschen dort machen? Das Konzept sah vor, dass die eine Seite des Tals für die Flachbildschirme und Uniabschlüsse vorbereitet werden sollte und die andere Seite des Tals sollte ebenfalls Häuser bekommen, wo die Armen Menschen leben konnten. Kostenlos. Die Slumbewohner wurden somit von heute auf morgen Besitzer von Wohnungen in Top-Lage. Hoffen wir mal, dass das auch wirklich so war…

Im Restaurant geht es richtig zur Sache. Hunderte von Menschen sitzen dort. Bis auf die Einrichtung könnte man meinen, das wäre eine Kantine einer Bank: Schlipsträger ohne Ende sitzen dort mit ihren aufgetakelten Frauen. Der Laden scheint angesagt zu sein. Wir bekommen einen Platz zugewiesen und eine Speisekarte in die Hand gedrückt. Die Speisekarte zeigt alle Gerichte in Bildern, sodass man es ganz einfach hat, ein Gericht auszuwählen. Während wir die Karte durchblättern, kommt ein Mann und bringt uns in Krügen Ayran, türkische salzige Buttermilch, an den Tisch. Mein Cousin sagt uns noch, dass Salat und dieser Ayran kostenlos sind. So was gibt es?
Anschließend bestellen wir unser Essen aus der fast unendlichen Auswahl. Am Ende sehe ich nur noch Fleischberge, wenn ich meine müden Augen für eine Sekunde schließe. Während wir von Ayran trinken, das macht man mit einem kleinen Schöpflöffel. Wirkt sehr traditionell. Das Essen kommt und es ist vorzüglich. Uns schmeckt das Essen und es gibt dazu reichlich Salat. Als dieser restlos aufgegessen ist, kommt wieder ein Kellner und fragt, ob wir noch einen möchten. Service bedeutet in der Türkei, meistens Zackzack. Hier ist es aber ein wenig anders. Die Kellner sind schnell an Ort und Stelle und sie sprechen nicht in diesem Stakkato der Standard-Kellner.
Nach dem Essen gibt es noch ein Nachtisch. In diesem Restaurant gibt es nur zwei Nachtische. Einer ist eine Helva aus Maisgries (imrik helvasi) und eine andere Süßspeise, an die ich mich nicht erinnern kann. Auch das Dessert ist kostenlos und grenzenlos.
Nachdem wir uns satt gegessen haben und gestärkt sind, kommt der nächste Schritt: Abschied nehmen von der Verwandtschaft… oder doch nicht?

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