Killerfragen oder Türkischer Honig im Vorstellungsgespräch? (1)

Killerfragen richtig zu beantworten, ist in keinem Land oder Kulturkreis so einfach. Schließlich gibt es unzählige Bücher dafür. Ich habe einige Fragen aufgelistet, denen ich in der Türkei begegnet bin.

Um es korrekterweise Auszudrücken: es gibt in der Türkei keine Killerfragen. Es gibt (fast) nur Killerbehauptungen. Stets nach der vorherrschenden Hierarchie im Unternehmen, muss der Mitarbeiter entsprechend viel erleiden. Wer eine Führungsposition hat, hat die dickeren Eier. Das sollte man immer im Hinterkopf behalten, ohne jedoch das Hinterteil des Bosses auszukundschaften. Das mögen die Türken überhaupt nicht.

„Wer hat Dich hierher geschickt?“

Es ist stets und immer die erste Frage, die gestellt wird. Kein guten Tag, kein Hallo, kein Selam Aleyküm. Es geht immer gleich zur Sache.

Es ist auch die wichtigste Frage, die einem gestellt wird. Man möchte in der Türkei immer eine Referenz sehen. Zeugnisse? Arbeitsproben? Kann man alles einpacken und als Unterleger für die Zimmerpflanzen nutzen. Wichtiger sind Namen von Leuten, die eine besondere Position inne haben. Das ist auch der Grund, warum ich gleich am Anfang dieser Jobsuche in der Türkei Serie gesagt habe, dass Kontakte viel wichtiger sind als in Deutschland.

Um diese erste Hürde zu nehmen gibt es nichts anderes, als Hieb- und Stichfeste Referenzen vorzuweisen. Also Leute, die Dich uneingeschränkt empfehlen. Man kann aber auch drumherum reden und sonst was erzählen, weil man keine Referenz hat. Aber es wird nichts bringen außer einen Korb.

„Nerelisin?“
Eine der wenigen Fragen, die man gestellt bekommt. Zu deutsch: „Woher (aus der Türkei) kommst du?“

Diese Frage ist zu beantworten kann sehr einfach sein, kann aber auch zu Problemen führen. Man sollte diese Frage IMMER mit der Heimatstadt der Eltern beantworten. In meinem Fall, Berlin, bedeutet das Ende des Vorstellungsgesprächs. Viele sind nicht in der Lage zu kapieren, dass man mehrere Jahre die Heimat der Eltern nicht besucht hat und kaum Bezug zu diesen Orten hat. Aber das ist deren Problem. Wir hingegen lieben unsere Heimat der Eltern und haben uns natürlich darüber informiert, wer eine herausragende Persönlichkeit war (wenn du Glück hast, eine Adoptivtochter von Atatürk oder ein General aus dem Befreiungskrieg) und was die Spezialität aus der Region ist. Diese kann die Mama selbstverständlich besonders gut kochen nach altem Rezept.

„Ach, Auslandstürken wollen doch nur Popstars werden hier in der Türkei“
Glaubst du nicht? Probiere es mal aus. Nicht singen, sondern recht geben. Es sind schon viele so in die Türkei gekommen und hatten mehr oder weniger Erfolg. Da wir nicht mit unserem Gesang punkten wollen, lachen wir darüber und geben dem Gegenüber recht und sagen, das wir als Bauleiter 12 Millionen Europrojekte abgewickelt haben.

„Was soll ich mit Deinen Zeugnissen. Ich habe nicht die Zeit etwas zu lesen, was mich nicht interessiert.“
Volltreffer. Schlechte Laune gibt es hier umsonst und wenn Du auf Deinen Zeugnissen beharrst statt sie als Untersetzer für die Zimmerpflanzen zu verwenden, erreichst Du garnichts. Was hier hilft ist nur eines. Recht geben und behaupten, dass man sowieso mehr der Mensch der Worte ist und viel mehr zu bieten hat, als Papier und dann die passenden Beispiele aus dem Lebenslauf anmerken. Am besten helfen Zahlen: nicht in Jahren, sondern in Euros: Als Marketingmitarbeiter die 2-Millionen-Euro-Werbekampagne eines berühmten Konzerns abgewickelt, wäre die richtige Antwort.

Wer es verkraftet hat, bis hierher zu lesen, kann sich auf den zweiten Teil der Killerfragen in der Türkei freuen.

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